Ausgrabung des ersten altbayerischen Steinzeugtöpferofens in Peterskirchen, Gmd. Dietersburg, Lkr. Rottal-Inn
Ausgrabung:
In den Jahren 2019 bis 2021 führte der Förderkreis Niederbayerisches Archäologiemuseum e.V. mit Sitz in Landau a.d.Isar auf die Vermittlung des Vorsitzenden Dr. Florian Eibl hin und in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege an mehreren Wochenenden eine ehrenamtliche Grabung in Peterskirchen durch. Die zahlreichen Ehrenamtlichen wurden stets von einem der beiden Archäologen des Vereins oder einem Grabungstechniker angeleitet.
Steinzeug:
Bei Steinzeug handelt es sich um eine bei sehr hohen Temperaturen gebrannte Keramikart. Heute noch ist diese Keramik vor allem durch die grauen, „steinernen“ Bierkrüge bekannt und beliebt. Durch die große Hitze verschmelzen die Partikel des Tons – sie „versintern“ – und werden dadurch dicht, wasserabweisen und dauerhaft gut zu reinigen. Schon einige Jahrhunderte vor der Produktion in Peterskirchen wurde Steinzeug in West- und Mitteldeutschland hergestellt, sowohl für edles Tischgeschirr, als auch zum Ferntransport von Heilwasser oder zum Transport und zur Lagerung ätzender Flüssigkeiten. Ein vielseitiges Material also, das sowohl im Luxussektor, als auch für Spezialverpackungen einsetzbar ist.
Für Steinzeug ist ein spezieller Ton von Nöten, der nicht überall vorkommt. Dieser Ton sowie die Brandführung (mit oder ohne Sauerstoffzufuhr) erzeugen verschiedenfarbige Endprodukte. Besonders bekannt ist die graue Ware mit blauer Bemalung oder – in Peterskirchen vor allem aus der Spätzeit – die dunkel-rotbraune. Es kommen aber auch helle, beige Stücke vor.
Vor der Produktion in Peterskirchen war Steinzeug in Altbayern bereits gut bekannt. Flaschen mit Heilwasser aus Mineralbrunnen und hochpreisige, teils speziell für den Export gefertigte Trink- und Schankgefäße waren auf den Märkten und bei Händlern durchaus zu erwerben. Da das heutige Deutschland in dieser Zeit noch aus vielen kleinen, eigenständigen Herrschaftsbereichen bestand, stiegen die Preise für Handelsware bei jeder Grenzüberquerung.


Steinzeugtöpfer in Peterskirchen:
In Peterskirchen sind ab dem Jahr 1746 vier aus dem Westerwald eingewanderte Steinzeugtöpferfamilien durch Archivalien nachgewiesen. Die Einwanderung dieser hochspezialisierten Handwerker aus dem Westerwald (heute Rheinland-Pfalz) erfolgte sicherlich schon etwas früher. Die für diese Zeit große Distanz zwischen der Herkunftsregion und Niederbayern wurde nicht ohne Vermittlung vor Ort ausgeführt. Der damalige Graf Maximilian Franz von Tattenbach, zu dessen Besitz Peterskirchen gehörte, hatte aufgrund seines Amtes auch in der Region des Rheins zu tun und könnte eine Probe von Peterskirchener Ton zur Prüfung zu den Westerwälder Steinzeugtöpfern gebracht haben, um so einen neuen, vielversprechenden Wirtschaftszweig für seine Ländereien anzuwerben. Bereits zuvor wurde in Peterskirchen Hafnerware aus Keramik hergestellt.
Die Rechnung ging auf: für etwa fünfzig Jahre hatten die Peterskirchener Kannenbäcker das Monopol für die Steinzeugproduktion in Altbayern sowie dem österreichischen Donauraum inne. Die Westerwälder Familien gliederten sich laut Archivalien schnell durch Heiraten und Patenschaften in Peterskirchen ein und erwirtschafteten in kürzester Zeit großes Vermögen. Dies wird aus zwei notariellen Urkunden bekannt, in denen einer der Töpfer Summen verlieh (also übrig hatte!), die dem Wert mehrerer Stadthäuser entsprechen.
Der Reichtum fand ein Ende als Ende des 18. Jahrhunderts mehrere neue Produktionsorte in Bayern begannen. Mit dem Zusammenschluss die kleinen, eigenständigen Herrschaften zum Deutschen Reich und dem Königreich Bayern, fielen die Zollgrenzen, die den Import von Steinzeug so teuer machten und die Peterkirchener Töpfer lange konkurrenzlos arbeiten ließen. Der Bau der Eisenbahn ermöglichte den Transport großer Mengen billigen Steinzeugs aus anderen Regionen. Diesen Produktionsumfang konnten die Peterskichener Familienbetrieb nicht erreichen. In der Spätzeit versuchten sie, sich eine Nische mit kunsthandwerklichen Produkten, vor allem Bierkrügen, sowie Bodenfließen und Wasserleitungen aus Steinzeug zu schaffen. Beides war nicht von Dauer. Am Ende des 19. Jahrhunderts lief die Produktion schließlich aus. Die einzige von Peterskirchen aus gegründete Kolonie im österreichischen Maiereck endete mit einem Brand 1887.
Die Fundstelle und der Ofen:
Die neu zu gestaltende Fläche im Ortszentrum von Peterskirchen war schon länger als ehemaliger Standort des gemeinschaftlich genutzten Steinzeugtöpferofens bekannt. Die Grabung konnte das bestätigen. In dem geöffneten Bodenfenster wurde der hangabwärts liegende Teil des Ofens entdeckt. Dicke Schichten aus Asche wiesen auf die Feuerung hin. Fundamente aus Ziegeln zeigten das vordere Ende an. Der Ofen selbst war in den Hang gebaut und wirkte von außen wie ein längliches Gebäude. Zum Ofen selbst mit Feuerung und Brennkammer gehörten außerdem Lagerplatz für trocknende Keramik und Brennholz. Um den Ofen und unterhalb bestand der Untergrund aus dicken Packungen Produktionsabfall. Über hundert Kisten an Steinzeugfragmenten und Brennhilfen konnten geborgen werden. Der Ofen wurde bei jedem Brand zugemauert und nach dem Abkühlen wieder aufgebrochen. Unter den Funden befanden sich auch solche Bauteile, die sichtlich großer Hitze ausgesetzt waren.
Besonders interessant ist eine Abfallgrube aus der Einwanderergeneration der Kannenbäcker. Darin kamen gleichzeitig oder in kurzem Abstand Produktionsabfälle in die Erde, die nun einen einzigartigen Einblick in des Formenspektrum der Anfangszeit bieten. Eine so enge zeitliche Eingrenzung ist ein großer Gewinn für die gesamte Steinzeugforschung, auch im Westerwald.
Das Wissen um die Anfangszeit des Peterskirchener Produktionsspektrums wird durch die Entdeckung einer großen Menge grauen Steinzeugs mit blauer Bemalung bereichert. Bisher waren überwiegend Objekte aus der Spätzeit bekannt, die in der Regel braun sind. In Folge dessen können etliche bisher nicht genau zuweisbare Gefäße aus Sammlungen nun Peterskirchen zugewiesen werden.

Ansicht eines Brennofens
Die ältesten in Altbayern produzieren Bierkrüge aus Steinzeug:
Walzenförmige Bierkrüge werden in Westdeutschland schon seit einigen Jahrhunderten produziert. Durch Import waren diese Stücke auch in Bayern bekannt. Die Steinzeugtöpfer in Peterskirchen stellten diese Stücke spätestens ab 1746 erstmals auch in Altbayern südlich der Donau selbst her. Peterskirchen ist also als Wiege der in Altbayern produzierten steinernen Bierkrüge! Bierkrüge aus Irdenware, also bei niedrigeren Temperaturen gebrannter Keramik, wurden allerdings bereits davor in Bayern hergestellt. Diese haben gegenüber Steinzeug allerdings einige Nachteile. Dazu gehört die höhere Wasserdurchlässigkeit, eine weniger gute Kühleigenschaft sowie schnellere Abnutzung und weniger gute Möglichkeit der Reinigung. So konnte sich der Steinzeugbierkrug vor allem auch für Großveranstaltungen wie Volksfeste durchsetzen.

Quellenangabe Text und Fotos: Anja Hobmaier, Kastenhof Landau – das Museum für Steinzeit und Gegenwart